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Wie spielen im Herbst 2023

 

LEONCE & LENA

ein Anime Special

frei nach Georg Büchner

 

PREMIERE

4.12.2023 / 19:30 Uhr / Theater am Steg

 

Schaulaufführungen(vormittags):

10.11.2023 Baden

28.11.2023 St. Pölten

29.11.2023Mistelbach

12.12.2023 Amstetten

LEONCE & LENA

ein Anime Special

frei nach Georg Büchner

Büchners LEONCE UND LENA (geschrieben 1836) ist einerseits eine romantische Komödie, anderseits eine politische Satire. Die Charaktere im Stück sind in ihrer Skurrilität und Überzeichnung vergleichbar mit Comic-Figuren. Der teils romantische Inhalt wird von Büchner zwar bewusst eingesetzt, aber zugleich auch ironisiert. Das Romantische führt sich dabei quasi selbst ad absurdum. Die beiden winzigen Königreiche „Popo“ und „Pipi“, eine Anspielung auf die provinzielle Kleinstaaterei zur Zeit des Deutschen Bundes, dienen auch der Karikatur.

 

Auch wenn Büchners Werk auf den ersten Blick in ein Lustspiel gekleidet ist, behandelt es doch gesellschaftsrelevante Themen wie Zwangsheirat, Freiheit, politische Verantwortungslosigkeit und Dekadenz. 

アニメ

Japan besitzt die umfangreichste Trickfilmkultur weltweit. Millionen von meist jungen Menschen schauen Animes, Mangas und Co., auch bei uns in Österreich. Die Comic-Held*innen in diesen Geschichten dienen auch zur

Identifikation. Action, Liebe, Erotik, Humor und Gewalt bestimmen die Storys. 

Ein typisches Merkmal von Animes, welches sich auch in Mangas wiederfindet, sind die großen Augen der Charaktere. Über diese wird ein großer Teil der Emotionen wiedergegeben. 

Auch bunte Haare (z. B. in Blau, Orange, Gelb, Grün oder Rosa) kommen in Animes besonders häufig vor und werden oft auch eingesetzt, um bestimmte damit verbundene Charaktereigenschaften der Figuren zu betonen.

Zeitbrücke

Wir möchten mit „LEONCE & LENA - ein Anime Special“ eine Zeitbrücke schlagen aus dem frühen 19. Jahrhundert bis ins Jetzt. Die existenziellen Fragen und Bedürfnisse von damals haben sich kaum geändert. Auch wenn

Technologie und Digitalisierung unser Leben maßgeblich beeinflussen, ist die

Vorstellung von einer romantischen Liebe nicht verblichen. 

Die Protagonist*innen Leonce und Lena haben als Königskinder ein vorprogrammiertes Leben: Höfische Erziehung, Vernunftehe und gesellschaftliche Isolation. Mit dem Ausbruch aus diesem Schema startet Büchners Stück. 

Umsetzung

Inszenierung, Bühne, Kostüm und Darstellung arbeiten mit den Stilmitteln des Anime und Manga. Die Comic-Vorlagen dienen als Inspirationsquelle. Ihr spezieller Look ermöglicht eine Erzählweise, welche dem großteils jungen Publikum vertraut ist. Auf Basis dieser Sehgewohnheit und damit spielend, konfrontieren wir mit „LEONCE & LENA - ein Anime Special“ in humorvollkritischer Weise Büchners literarische Welt der ausgehenden Klassik und der

Hochblüte der Romantik mit der heutigen Zeit und dem Lifestyle japanischer Comics.

Unterschiedliche Darstellungsstile (Sprech-, Tanz- und Objekttheater),

Videoclips, Songs und performative Sequenzen prägen die Inszenierung. 

Im Prozess der Erarbeitung wird Büchners Originaltext mit dem Anime-Genre und dessen Bild- und Sprachwelten in Beziehung gebracht, an bestimmten Stellen transformiert und in neue Dimensionen geführt.

Leonce und Lenas Revolte gegen die Zwangsheirat und ihre schicksalhafte

Zusammenführung bilden wie bei Büchners Originalwerk das Zentrum des Stücks und sorgen auch heute noch für reichlich Diskussionsstoff.

Politik

Der geistlose politische Absolutismus in Büchners Werk (König Peter hat einen Knopf in seinem Schnupftuch, damit er sich an sein Volk erinnert) und die uneingeschränkte Machtausübung diverser heutiger Konzerne und Gesellschaftssysteme haben eines gemeinsam: Die Propagierung eines sinnentleerten Konsumentendaseins. 

Wie bei Büchner der Hofstaat nur sich selbst dient und feiert und das Volk dabei missachtet, ja geradezu vergisst, so ist auch heute der einzelne Mensch oftmals nur Mittel zum Zweck, ein im Strom turbokapitalistischer Strategien mitgerissener Faktor Kapital, Spielball einer in Machtrausch und Dekadenz schwelgenden Elite und letztendlich Sklave seiner vermeintlich eigenen, in Wahrheit aber von außen diktierten Bedürfnisse.

Dass in Büchners Werk das sogenannte gemeine Volk kaum zu Wort kommt, skizziert treffend die damaligen politischen Verhältnisse. 

Der Monarch steht über allem. Die Untertanen jubeln ihm zu, wenn nötig mit dem Hungertuch. 

„Ich wage kaum die Hände auszustrecken, wie in einem engen Spiegelzimmer, aus Furcht überall anzustoßen, dass die schönen Figuren in Scherben auf dem Boden lägen und ich vor der kahlen, nackten Wand stünde.“ - Leonce

Omiai

Omiai (dt. „einander betrachten) bzw. Miai ist die japanische Tradition der Ehevermittlung bzw. deren Durchführung. Da es immer auf Initiative oder zumindest mit Einverständnis der zukünftigen Ehepartner geschieht, kann nicht von einer Zwangsheirat gesprochen werden. Vielfach gibt es mehrere Omiai, ehe es zu einer Eheschließung kommt.

Besonders im ländlichen Japan sind unverheiratete Frauen, die älter als 25 Jahre sind, und Männer, die auf die 30 zugehen, einem starken gesellschaftlichen Druck ausgesetzt, ein Omiai zumindest zu versuchen. Vor allem die Eltern drängen diese sog. „liegengebliebenen

Weihnachtskuchen“ (die nach dem 25. keiner mehr haben will) zu einer baldigen Partnerwahl, um noch zu Lebzeiten Enkel zu bekommen. Auch unter Berücksichtigung dieses Wunsches stimmen manche junge Japaner*innen einem Omiai zu.

Zwangsehen in Österreich

Obwohl Zwangsheirat eine Straftat ist, für die bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft drohen (§ 106/1/3 StGB), schätzen Expert*innen, dass in Österreich jährlich um die 200 Mädchen und junge Frauen von Zwangsheirat betroffen sind.  Es sind dies meist Mädchen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die bereits in zweiter oder dritter Generation hier leben.

Aber auch Mädchen, die aus dem Ausland einem in Österreich lebenden Mann zugesprochen werden, sind davon betroffen. Da sie dann meist ohne Ausbildung und Sprachkenntnisse in einem fremden Land leben müssen, ist deren Abhängigkeit oft besonders bedrohlich.

Auch die Rechte junger Männer sind verletzt, wenn sie von ihren Eltern ungewollt verheiratet werden, aber ihr Spielraum ist in der Situation dennoch meist größer als der von Mädchen.

Gründe gibt es viele…

Familien zwingen ihre Kinder - meist ihre Töchter, aber auch Söhne - zur Heirat aus vielerlei Begründungen: kulturelle Wertvorstellungen, innerfamiliärer Druck, aber auch wirtschaftliche Gründe. 

 

Freiheit  

Freiheit (lateinisch libertas) wird in einem weiten Sinn als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Optionen auszuwählen und Entscheidungen zu treffen. Der Begriff benennt in Philosophie, Theologie und Recht der Moderne allgemein einen Zustand der Autonomie eines Subjekts.

Der philosophische Freiheitsbegriff befindet sich nicht nur ständig in

Diskussion und damit in einem permanenten Wandel, sondern umfasst gleichzeitig psychologische, soziale, kulturelle, religiöse, politische und rechtliche Dimensionen und gehört damit zu den zentralen Begriffen der menschlichen Ideengeschichte. 

Romantik / Romantische Liebe

Allgemein wird die Epoche der Romantik auf 1795 bis 1835 datiert. In der Literatur dauerte sie sogar bis 1848 an.

Zentrale Themen der Romantik als Literaturepoche waren Sehnsucht, Liebe, das Schweifen in weite Ferne, Natur, Mystik, das Phantastische und das Unbewusste, Fernweh, aber auch politische Motive wie Weltflucht und Kritik an der Gesellschaft und Politik. In der Epoche der Romantik begannen Menschen, für ihre Liebe gegen Konventionen zu rebellieren.

Romantische Liebe beinhaltet folgende typische Merkmale: Die Partner fühlen sich körperlich angezogen, erleben Liebe auf den ersten Blick, sind physiologisch erregt und entwickeln schnell die Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen, sich ineinander hineinzuversetzen und für sich persönlich jeweils emotionalen Gewinn zu ziehen.

Im Gehirn spielt bei der Entstehung von Liebe das Belohnungssystem eine wichtige Rolle. Wenn steigende Dopaminspiegel im Nucleus accumbens Rezeptoren aktivieren, erleben wir ein belohnendes Glücksgefühl. Erhöhte

Dopaminwerte werden mit Motivation und Antrieb in Verbindung gebracht.

Langeweile 

Langeweile, auch (österr.) Fadesse oder (franz.) Ennui, ist „das ungenehme Gefühl, einer befriedigenden Tätigkeit nachgehen zu wollen, es aber nicht zu können“. 

Langeweile kann auch bei einer als monoton oder unterfordernd empfundenen Tätigkeit aufkommen. Sie ist Gegenstand philosophischer, kulturwissenschaftlicher, psychologischer und pädagogischer Betrachtung.

Auch bestimmte Eigenschaften von Dingen werden – von einzelnen Menschen oder auch konsensuell – als langweilig (vs. interessant, unterhaltsam oder ähnlich) empfunden. 

Eine zentrale Rolle spielt das Thema der Langeweile im Werk Georg Büchners, etwa in seinem Lustspiel „Leonce und Lena“ (1836/1895).

Entstehung 

Georg Büchner verfasste „Leonce und Lena“ anlässlich eines 1836 ausgerufenen Wettbewerbs der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung. Allerdings versäumte Büchner die Einsendefrist und erhielt sein Manuskript ungelesen zurück. Erst 1895 wurde die Komödie in München uraufgeführt.

Obwohl „Leonce und Lena“ als (harmloses) Lustspiel bezeichnet wird, ist das Drama eine deutliche Polit-Satire der gesellschaftlichen Verhältnisse in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

„Leonce und Lena“ ist ein literarisches Zeugnis von Büchners Modernität und seinem beißendem Spott gegenüber den herrschenden Verhältnissen in der Zeit des Vormärz. 

Erich Kästner zählte „Leonce und Lena“ zu den sechs wichtigsten klassischen Komödien deutscher Sprache. 

 

Inhalt

Der Prinz Leonce ist der Sohn des Königs Peter vom Reiche Popo, einem kleinen Staat, der an die vielen Kleinstaaten vor Gründung des Deutschen Reichs 1871 erinnert. Leonce ist von seiner Affäre zu der Tänzerin Rosetta gelangweilt und beendet die Beziehung. Er ist allerdings keinesfalls mit der Entscheidung seines Vaters einverstanden, ihn mit der ihm unbekannten Prinzessin Lena aus dem Königreich Pipi zu verheiraten. Der Prinz entschließt sich zu fliehen.

Mit seinem treuen Diener Valerio, einem faulen Genussmenschen, reist er Richtung Süden. Auf dem Weg nach Italien begegnen die beiden Reisenden unverhofft zwei Frauen. Es handelt sich um die Prinzessin Lena aus dem Königreich Pipi, die ebenfalls mit ihrer Dienerin vor der Zwangshochzeit mit dem ihr fremden Leonce geflohen ist.

Ohne die Identität des anderen zu kennen, verlieben sich Leonce und Lena.

Sie beschließen gemeinsam in ihre Heimat zurückzukehren und gegen den

Willen ihrer Familien zu heiraten. Im Königreich Popo wird bereits alles für die Hochzeit vorbereitet, doch König Peter und sein Zeremonienmeister sind beunruhigt, weil das Brautpaar nicht anwesend ist. Vom Schloss kann man das ganze Königreich überblicken, sodass kurz vor der Hochzeit vier Gestalten entdeckt werden.

Es handelt sich um die beiden Diener*innen und Leonce und Lena, die allerdings als Automaten verkleidet nicht erkannt werden. König Peter entscheidet sich, die Hochzeit „in effigie“ an den Automaten vorzunehmen, das heißt symbolisch, da von den beiden Königskindern keine Spur ist.

Nach der Zeremonie nehmen Leonce und Lena ihre Masken ab, doch anstelle ihren Eltern einen Streich gespielt zu haben, erkennen sie, dass sie dem Wunsch ihrer Eltern entsprochen und den für sie vorherbestimmten Partner geheiratet haben.

Georg Büchner

Karl Georg Büchner (1813 – 1837) ist einer der bedeutendsten Dramatiker der deutschen Literaturgeschichte. Obwohl er nur 23 Jahre alt wurde, zählt Büchner bis heute zu den wichtigsten Vertretern der Epoche des Vormärz (1815 – 1848).

Georg Büchner war ein politischer Schriftsteller. Er schrieb Dramen und

Flugblätter, in denen er die sozialen Missstände seiner Zeit kritisierte und die

Bauern und Bürger zum Kampf gegen die adelige Oberschicht aufrief. Damals war Büchner seiner Zeit weit voraus, doch heute sind seine Werke nicht wegzudenken aus der deutschen Literatur. Georg Büchners Dramen „Dantons

Tod“ (1835) und „Woyzeck“ (1837) oder das Lustspiel „Leonce und

Lena“ (1836) sind fixer Bestandteil auf den Spielplänen internationaler Theaterhäuser. 

„O, eine sterbende Liebe ist schöner als eine werdende.“ - Leonce

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